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5 Fragen zum Frauen*Volksbegehren

Was es uns angeht und warum es wichtig ist

Was ist das Frauen*Volksbegehren eigentlich und was hat das mit mir zu tun? #getsocial hat Christian Berger - Sprecher des Volksbegehrens - Fragen zu typischen Rotkreuz-Themen gestellt. Gesundheit, Bildung und Migration: das sind Themen für die wir einstehen. Was fordert das Frauen*Volksbegehren in diesem Bereich?

Das Frauen*Volksbegehren kritisiert ja die sogenannte schulische Sexualerziehung – also Dinge, die man in Bio über Sex, Verhütung und Schwangerschaft lernt. Was läuft da gerade besonders schief?

 

Es läuft einiges schief. Das Bildungsministerium hat erst vor kurzem das Unterrichtsprinzip Gleichstellung gestrichen. Das ist einfach nicht zeitgemäß. Die Themen Körper und Sexualität, Verhütung und Schwangerschaft werden in vielen österreichischen Schulen nämlich nach wie vor gar nicht oder nur am Rande unterrichtet. Es handelt sich nach wie vor um Tabuthemen.

 

Es wäre sinnvoll, diese nicht nur auf Körperfunktionen bezogen im Biologieunterricht abzuhandeln, sondern auch im Geschichts- und Politikunterricht anzusprechen. Sexualität befindet sich schließlich im Wandel und wird staatlich und gesellschaftlich reguliert.

 

Die unzureichende Aufklärung führt unter anderem dazu, dass Österreich europaweit eine der höchsten Raten an Schwangerschaftsabbrüchen hat. Dazu kommt, dass wir das einzige Land Westeuropas sind, indem überhaupt kein Verhütungsmittel außer der Pille von den öffentlichen Krankenversicherungen zur Verfügung gestellt werden. Es gibt Bundesländer, in denen keine einzige Klinik Schwangerschaftsabbrüche vornimmt.

 

Wir vom Frauen*Volksbegehren meinen, dass es nicht sein darf, dass die Möglichkeit, über den eigenen Körper zu bestimmen, davon abhängt, wo man wohnt und wie viel Geld man verdient.

Die #MeToo-Kampagne hat gezeigt, dass Frauen noch immer sexuell belästigt werden und Gewalt erfahren. Wie siehst du die Lage in Österreich?

 

Zu dieser Lage gibt es wissenschaftlich gesicherte Zahlen: Jede fünfte Frau über 15 ist in Österreich von körperlicher Gewalt betroffen und sogar fast drei Viertel aller Frauen von sexueller Belästigung. Das sind dramatische Zahlen. Die #MeToo-Debatte hat diese Zahlen mit den Erzählungen von Millionen Betroffenen weltweit greifbarer gemacht. Es gab und gibt viel Solidarität unter Frauen, aber auch unter Frauen und Männern.

 

#MeToo und #TimeIsUp ist nicht zuletzt eine Chance für Männer, an Erfahrungen teilzuhaben einen besseren Umgang mit dem Risiko zu finden, abgelehnt zu werden. Wer flirtet, geht ein Risiko ein. Darauf mit Aggression zu reagieren, ist ein Ausdruck von gefühltem Machtverlust. Umso mehr Macht Männer allerdings haben, umso aggressiver werden sie auf Ablehnung reagieren.

 

In Österreich haben die breit diskutierten Fälle von Peter Pilz, Efgani Dönmez und Sigi Maurer gezeigt, dass wir von einem respektvollen Umgang miteinander noch weit entfernt sind und die Rechtslage unzureichend ist. So sieht etwa Artikel 40 des internationalen Gewaltschutzvertrages "Istanbul-Konvention", der von Österreich 2013 ratifiziert wurde vor, dass verbale sexuelle Belästigungen sanktionierbar sein müssen.

 

Österreich hat dies bis dato nicht umgesetzt. Am Arbeitsplatz gibt es zwar einen Schutz, nicht aber für den privaten oder öffentlichen Raum, was nicht nachvollziehbar ist. Hier besteht Reformbedarf, um die sexuelle und körperliche Integrität wirklich und überall zu schützen.

Flucht und der Umgang mit Menschen mit Fluchthintergrund ist im Roten Kreuz ein großes Thema. Warum geht es Frauen auf der Flucht oft viel schlimmer und was können wir da in Österreich machen?

 

Frauen und LGBTIQs - das heißt lesbische, schwule, trans, inter und queere Personen - werden in vielen Gegenden fundamentale Persönlichkeitsrechte vorenthalten, weswegen sie einerseits ausgegrenzt, verletzt oder gezielt verfolgt werden, andererseits sind sie aufgrund ihres geringen sozialen Status auch auf der Flucht selbst besonderen Gefahren ausgesetzt.

 

Zu den besonderen Fluchtgründen, die in diesem Zusammenhang angesprochen sind, zählen unter anderem die Abkehr von einer traditionell-konservativen Lebensweise (die sogenannte Verwestlichung), der Status der alleinstehenden bzw. alleinerziehenden Frau, eine von der Heterosexualität abweichende sexuellen Orientierung, Zwangsverheiratung, Frauen- und Menschenhandel oder Genitalverstümmelung.

 

Was wir in Österreich machen könnten, wäre, die Asylverfahren von Personen, die aufgrund ihres Geschlechts oder sexuellen Identität geflohen sind, einfacher und sensibler zu gestalten. Das hieße konkret: Das Aufnahme- und Asylverfahren muss die genannten geschlechtsspezifische Besonderheiten berücksichtigen und Frauen* geeignete Schutzmaßnahmen zur Verfügung stellen.

 

Ergänzt sollte dies durch Weiterbildungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen für alle öffentlich Bediensteten werden. Im Verfahren beinhaltet dies die Verpflichtung österreichischer Behörden zur ehestmöglichen Feststellung der besonderen Schutzwürdigkeit von Frauen unabhängig vom Asylstatus des Ehepartners sowie deren nach Geschlechtern getrennte Unterbringung.

 

Bei LGBTIQ-Personen wäre hingegen besondere Schutzräume angebracht, die vor allem besser abgesichert und finanziert werden müssten. Um der Gefahr entgegenzuwirken, dass Geflüchtete geschlechtsspezifische Fluchtgründe gegenüber andersgeschlechtlichen behördlichen wie gerichtlichen EntscheidungsträgerInnen nicht angeben wollen, soll die Einvernahme und Übersetzung im gesamten Verfahren als Regelfall durch eine gleichgeschlechtliche Person vorgenommen werden, unabhängig davon, ob der Asylantrag aufgrund eines Eingriffs in die sexuelle Selbstbestimmung gestellt wurde. Ergänzt sollte dies alles durch eine schnellere und einfachere Familienzusammenführung werden.

Die Topmodel-Sendung läuft seit Jahren erfolgreich im Fernsehen. Worin besteht die Gefahr und was sagt das Frauen*Volksbegehren dazu?

 

Das Problematische an Topmodel-Sendungen wie "Germanys Next Topmodel" ist, dass diese traditionelle Schönheitsnormen promoten und Frauenkörper als Objekte inszeniert werden. Was zählt ist nicht, was "die Mädchen" wollen, sondern was "der Kunde" will. Es wird der Eindruck erweckt, dass die Frauen in der Sendung nur Erfolg haben, wenn sie sich fügen, an "das Business" anpassen, hart konkurrieren und sich deswegen möglichst gut "verkaufen lassen".

 

Unter dem Hashtag #NotHeidisGirl (Anm. der Redaktion: darüber haben wir hier berichtet) haben vor allem viele junge Frauen in den sozialen Medien ihre Kritik an der Sendung und ihren sexistischen Implikationen Ausdruck verschafft, was wir selbstverständlich unterstützen.

 

Das Frauen*Volksbegehren fordert unter anderem, dass mediale Darstellungen von Mädchen und Frauen ausgewogener und vielfältiger werden. Dies wollen wir unter anderem durch ein Verbot sexistische Werbungen im öffentlichem Raum erreichen, wie dies in Bremen, einigen Berliner Bezirken, Island und Norwegen schon der Fall ist.

 

Die Überlegung daher ist ganz einfach: Was verliert eine Gesellschaft, in der es keinen Sexismus in Werbung und Medien mehr gibt? Nichts. Was gewinnt eine Gesellschaft, in der Mädchen und Frauen, aber auch Buben* und Männer* so dargestellt werden, wie sie sind oder sein wollen? Sehr viel!

Noch eine persönliche Frage gegen Ende. Warum unterstützt du als Mann das Frauen*Volksbegehren?

 

Die US-amerikanische Schriftstellerin und feministische Aktivistin Audre Lorde meinte einmal, "I am not free while any woman is unfree, even when her shackles are very different from my own." Was sie damit ausdrücken will ist, ist der Grund dafür, dass ich das Frauen*Volksbegehren unterstütze - nämlich dass niemand von uns - selbst wenn wir privilegiert sind und es uns auf den ersten Blick gut geht - wirklich frei sein kann, solange verschiedene Formen des Sexismus - Frauenverachtung und -unterdrückung, Homo-, Trans- und Interphobie, sexuelle Gewalt, psychische und wirtschaftliche Abhängigkeitsverhältnisse usw. - in der Gesellschaft existieren.

 

Rollenzwänge und dominante Bilder von "starken Männern" (wie sie Trump, Putin, Erdogan oder Orban symbolisieren), denen viele Burschen oder Männer gar nicht entsprechen können oder wollen, beschränken Entfaltungsmöglichkeiten massiv.

 

Das Patriarchat hat mittlerweile nicht mehr nur ein Problem mit Frauen, es setzt auch immer mehr Männern zu. Männer gehören durchschnittlich zu den größten Bildungsverlierer, sind die größte Gesundheitsrisikogruppe, haben am häufigsten Gewalt- und Suchtprobleme und scheitern immer öfter an zwischenmenschlichen Beziehungen und Familiengründungen.

 

Es gibt eben keine Freiheit in der Ungleichheit. Deswegen sollten wir zusammenhalten und gegen jede Form der Unterdrückung gemeinsam vorgehen und uns für ein besseres, ein anderes, freieres Leben einsetzen.

Down with patriarchy!

Mehr Infos

Alle wahlberechtigten Österreicher*innen ab 16 Jahren dürfen eine Unterstützungserklärung für ein Volksbegehren unterschreiben.

 

Das geht in jedem Bezirksamt oder Magistrat, einfach Ausweis einpacken und in der Eintragungswoche (1. - 8. Oktober) hingehen! Du kannst das aber auch ganz einfach online erledigen.

Noch Fragen?

Hier findest du alle Infos zum Frauen*Volksbegehren.

Christian Berger (Foto: Carl Dewald)