Diese Seite unterstützt weder den Internet Explorer 7, noch den Kompatibilitätsmodus in höheren Versionen des Internet Explorers (IE8, IE9, IE10). Um den Kompatibilitätsmodus abzustellen informieren Sie sich bitte hier oder laden Sie am Besten einen neuen Browser.

Verwenden statt Verschwenden

Ein Besuch bei der Team Österreich Tafel

Es ist ein warmer Samstagnachmittag. Mein Weg führt mich quer durch Wien nach Groß-Enzersdorf, eine Stadtgemeinde am Rande der Bundeshauptstadt. Wie idyllisch, denke ich mir, als ich aus dem Regionalbus aussteige. Spaziergänger, Radsportler, Kinder und jede Menge Natur. Schon von der Haltestelle aus sehe ich das Schild „Rotes Kreuz Groß-Enzersdorf“. Hier werde ich also den Rest des Tages verbringen. Rene begrüßt mich schon von weitem. Er ist Mitarbeiter der ersten Stunde und ich darf ihn heute bei seiner Arbeit unterstützen. Das tun allein in Groß-Enzersdorf übrigens um die 60 Freiwillige, die ihre Freizeit regelmäßig dazu verwenden anderen zu helfen.

 

Kaserne als Supermarkt

Neben dem Rotkreuz-Gebäude steht eine ehemalige Kaserne. Hier soll schon in wenigen Stunden eine Lebensmittelausgabe für über 30 Familien stattfinden. Bevor es aber soweit ist, müssen wir die Lebensmittelhändler in der Umgebung abklappern. Der Bus ist leer, das wird sich aber schnell ändern, wie Rene aus Erfahrung weiß. Unsere erste Station ist der Hintereingang einer Supermarkt-Filiale. Wir klopfen an und eine nette, sehr junge Verkäuferin überreicht uns eine Palette voll mit Fruchtjoghurts. Auch eine Kiste mit Getränken bekommen wir. Kein besonders großer Fang denke ich mir, aber immerhin. Kaum ist unsere Beute im Bus gelandet geht es weiter zu einem Diskonter. Als uns die Kassiererin in den Laden kommen sieht, winkt sie uns gleich zurück ins Lager. Auch hier ist bereits etwas für uns vorbereitet. Es gibt abgepackten Fisch, Kuchen, Fleischwaren und Molkedrinks.

Ausverkauft gibt’s nicht

Je länger die Tour durch die umliegenden Dörfer dauert, umso voller wird der Kleinbus. Kisten türmen sich über Kisten, es riecht nach Obst, Gemüse und frischem Brot. Auf einer Liste darf ich eintragen, um welche Art von Lebensmittel es sich handelt, damit wir den Überblick behalten. Diese Notizen helfen auch bei der Jahresstatistik. Wir fahren zurück zur leerstehenden Kaserne. Es erwarten uns schon ein paar freiwillige Helfer. Kaum ist unser Bus zum Stehen gekommen räumen sie routiniert die Kisten aus und bringen sie in den Raum, in dem später die Kunden bedient werden. Nach und nach füllen sich die Tische: Säfte neben Gemüse und Obst, Süßigkeiten und eine ganze Menge Brot. Auch eine Vitrine gibt es: darin ist alles, was gekühlt werden muss, wie Milch, Eier, Wurst oder auch Aufstriche.

Schwankendes Sortiment

Die großen Supermärkte backen bis zum Ladenschluss immer frisches Brot nach, damit das Sortiment für den Kunden bis zum Ende komplett ist. Nach Ladenschluss landet die frische, aber unverkaufte Ware im Müll. Außer es holt sie eben jemand ab wie die Freiwilligen der Team Österreich Tafel. Die Bauern, Standler und Lebensmittelhändler, die etwas an Bedürftige abgeben, sind zwar immer dieselben, die Ware ist aber jedes Mal anders. Vergangene Woche hätten sich beispielsweise Joghurts bis zur Decke getürmt, dieses Mal wird es kaum genug für alle geben. Dafür gibt es heute so viel Brot, dass alle mehr als genug mit nach Hause nehmen können. Die gespendeten Mengen variieren ebenfalls, weiß Rene: „Das hängt vom Wetter ab, von anstehenden Feiertagen und von den jeweiligen Filialleitern“. Obwohl alle Läden überschüssige Ware haben, geben diese nicht alle an die Team Österreich Tafel ab. Es gibt auch Händler, die die Lebensmittel lieber wegwerfen als sie herzuschenken. Ein paar wollen es nicht, ein paar wurde es von ihren Zentralen verboten.

Unter sich

Nachdem wir ein zweites Mal ausgeschwirrt sind, werden die letzten Waren für die Kunden auf den Biertischen drapiert. Obwohl die Ausgabe erst in einer knappen Stunden beginnen wird, finden sich bereits die ersten Kunden vor dem Eingang ein. Manche kommen mit Rolltaschen zu Fuß, andere sind mit dem Rad oder mit dem Auto da. Ein paar Kinder spielen Fußball. Manche kommen seit dem Start vor drei Jahren jede Woche hierher. Ob Singles, Großfamilien, Aus- oder Inländer, Alte oder Junge - man kennt sich, niemand muss sich schämen. Andere tun das sehr wohl, wie eine freiwillige Helferin weiß: „Es trauen sich einige nicht zu der Ausgabe, weil sie Angst davor haben, dass andere von ihrer Bedürftigkeit erfahren“, erzählt sie traurig. Scham macht es besonders im ländlichen Raum schwer zu helfen. Der Stolz vieler Menschen hindert sie daran sich Lebensmittel schenken zu lassen.

Lebensmittel auf Schein

Alle Kunden haben eine Karte, die sie bei ihrem ersten Besuch bei der Team Österreich Tafel bekommen haben. Darauf ist auch vermerkt, wie viele Personen im Haushalt versorgt werden müssen. Es gibt alleinstehende Erwachsene, aber auch kinderreiche Familien – dementsprechend unterschiedlich ist auch ihr Bedarf. Einer nach dem anderen wird nach dem Zufallsprinzip aufgerufen in den Verkaufsraum zu treten. Dort wird jeder Kunde von einem Freiwilligen durch den „Shop“ begleitet, beraten und unterstützt. Es wird auch eingeteilt: Leben mehrere Personen im Haushalt, bekommt der- oder diejenige natürlich auch mehr. Knapp drei Stunden später wird es langsam ruhig. Die Regale sind leer, die Taschen der Kunden voll. Einige plaudern vor der Türe noch ein wenig bevor es zurück nach Hause geht. Die meisten werden sich in genau einer Woche hier wiedertreffen.

Team Österreich

Das Team Österreich ist eine Initiative des Österreichischen Roten Kreuzes und Hitradio Ö3 und bietet all jenen die anderen menschen helfen wollen die Möglichkeit dass bei bestimmten Projekten zu tun. Sei es im Rahmen eines Hochwassers in Österreich oder aber bei Projekten wie der Team Österreich Tafel. Mehr Infos gibts auf der Homepage

© ÖRK/Nadja Meister
© ÖRK/Nadja Meister
© ÖRK/Nadja Meister
© ÖRK/Nadja Meister